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Der Schreikranich

(Grus americana)

Von den weltweit vorhandenen 15 Kranicharten ist der Schreikranich die bedrohteste Art. Wie alle Kraniche weltweit ist auch diese Art immer dort unter Druck, wo Feuchtgebiete trockengelegt werden und die Kraniche deshalb kein genügend großes und ungestörtes Revier für Brut und Aufzucht der Jungen finden können. Hinzu kam aber für die Schreikraniche, daß sie zumindest in historischer Zeit keine großen Populationen aufwiesen. Zusätzlich aber sind Schreikraniche unter anderem wegen ihrer prächtigen weißen Federn, die ein beliebter Schmuck an den Hüten der wohlhabenden

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Amerikanerinnen der Ostküstenstädte waren, bejagt worden, bis es fast keine mehr gab. 1946 wurde der Tiefpunkt mit gerade einmal 15 Exemplaren in nur einer verbliebenen Population erreicht. Danach setzten intensive Schutzmaßnahmen – besonders zuerst im Überwinterungsgebiet in Texas am Golf von Mexico – ein, die Jagd wurde verboten, das Brutgebiet im Norden Kanadas wurde aber erst 1954 entdeckt. Daraufhin begann man, unmittelbar nach der Eiablage jeweils 1 Ei zu entnehmen, weil Schreikraniche ohnehin immer nur 1 Junges großziehen können. Auf diese Weise wurde eine nach und nach immer größer werdende Population in Gefangenschaft aufgebaut. Mit verschiedensten Vorgehensweisen versuchte man, Schreikraniche auszuwildern, aber über 2 Jahrzehnte hinweg waren diese ohne nachhaltigen Erfolg. Mitte der 1990er Jahre kam man auf die Idee, in Gefangenschaft erbrütete

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Kraniche isoliert von Menschen aufzuziehen und sie darauf zu trainieren, Ultraleichtflugzeugen zu folgen und so die Migration von Wisconsin (dem geplanten Standort einer neuen Population) und Florida (einem neuen Überwinterungsgebiet) zu erlernen. Erst im Jahre 2001 gelang es, junge Schreikraniche tatsächlich erfolgreich auszuwildern, indem anstelle menschlicher Imitation von Kranichlockrufen eine künstliche Kommunikation mit in der Wildnis aufgenommenen echten Schreikranichlauten (6 verschiedene Lautäußerungen unterschiedlicher Bedeutung) verwendet wurde [1]. Zuvor war jahrelangen Vorversuchen mit Kanadakranichen kein Erfolg beschieden, weil die Kranichküken durch die menschliche Kranichrufimitation auf Menschen geprägt wurden. Die neue ausgewilderte

Population umfaßt derzeit (2019) etwa 100 Inidividuen, ist aber noch nicht selbsterhaltend und muß weiterhin jährlich isoliert aufgezogene Jungkraniche zugeführt bekommen. Insgesamt beträgt die Zahl der in Freiheit wild lebenden Schreikraniche über 600 Exemplare.

 

[1] auf Anregung von Bernhard Weßling, der auch die Aufnahmen und die zur Kommunikation notwendige Hardware zur Verfügung stellte, siehe auch „Der Ruf der Kraniche“, www.bernhard-wessling.com/page-4

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Dieser Artikel wurde von Dr. Bernhard Weßling extra für EndangeReX geschrieben. Er ist einer der Experten zum Thema Kraniche, kennt sich mit ihrer Bedrohung und ihrem Schutz aus. Unter anderem hatte er großen Anteil an der Rettung der letzten Schreikraniche! Erst im März diesen Jahres hat er ein eigenes Buch namens "Der Ruf der Kraniche" (Link) veröffentlicht, in dem er ganz neue Blickwinkel in die Kranichforschung und den Schutz dieser wundervollen Tiere gibt! Vielen Dank an ihn, nicht nur für diesen Artikel, sondern auch einen Großteil dieser tollen Bilder!

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